
Achtung: heute haben wir direkt 2 Artikel auf einmal veröffentlicht. Solltet ihr den ersten, zu unserem Aufenthalt in Cusco noch nicht gelesen haben, gehts hier entlang:
Wandern ist etwas für Frühaufsteher. Besonders dann, wenn um 17:15 Uhr die Sonne bereits untergeht. Aus diesem Grund beginnt unser Abenteuer Salkantay Trek mal wieder um 5 Uhr morgens.
Mit dem Taxi geht es zunächst zum Abfahrtsort unseres Collectivos, mit dem wir dann zum Startpunkt des Treks fahren. Relativ schnell ist dieses so voll, dass grade sitzen, besonders für Menschen mit europäischer Körpergröße, nicht mehr möglich ist. 1,5 Stunden sitzen wir mit krummen Rücken auf der Rückbank, hoffen dass unsere Rucksäcke auf dem Dach überleben. Wie der Fahrer um 06:30 morgens so laut südamerikanische Musik hören kann, bleibt uns ein Rätsel. Selbst die Kopfhörer mit Active Noise Canceling bringen relativ wenig.
Wir steigen in Mollepata aus und stellen fest, dass die Angaben zur ersten Etappe, die wir bislang erhalten haben, völliger Unsinn waren.
Bis zum ersten Zwischenstopp sind es von hier aus noch 25 Kilometer. Angesichts der uns verbleibenden Zeit und der Höhenmeter, die bis dorthin zurückzulegen sind, ein unmögliches Unterfangen für den heutigen Tag. Zum Glück ist der erste Teil des Weges noch eine Straße. Also nehmen wir ein Taxi um den ersten Teil etwas abzukürzen.
Mit 10€ Parkeintritt und 20€ Taxifahrt sowie den 20€ die wir vorher bereits ausgegeben haben, gar nicht so günstig, bis wir überhaupt mal los gegangen sind.
Wir starten dann in Kallacancha mit der Wanderung, einem „Ort“ bestehend aus zwei „Häusern“. Einzig die Fahrzeuge der Touristengruppen deuten hier auf Zivilisation hin.
Apropos Touristen: davon gibt es in diesem Abschnitt extrem viele. Die meisten machen jedoch nicht den ganzen Trek, sondern lassen sich nur zum ersten Zwischenstopp fahren, um dort den Blick auf den Berg zu erlangen oder die Lagune, die am Fuße des Humantays liegt zu bewundern. Die, die den Trek ganz machen, lassen sich ihr Gepäck entweder per Maultier oder per Fahrzeug befördern. Andere Wanderer, die ihre Rucksäcke selber schultern, treffen wir am ersten Tag gar nicht. Stattdessen fangen wir uns, während wir uns keuchend den Weg hinauf quälen, einige Kommentare von Touristen ein, wir würden es schon schaffen und Ähnliches. Danke, das ist es was man hören möchte, von Leuten die sich ihr Gepäck von abgemagerten Tieren hoch schleppen lassen.
Die Landschaft ist nichtsdestotrotz bereits von Beginn an sehr sehenswert und in der Ferne sieht man bereits einen der Berge auf die wir während der Wanderung zusteuern.

Nach einem Teil ist immerhin die Straße zu Ende und die Autos dürfen ab hier nicht weiter. Zumindest theoretisch, denn anscheinend können manche Taxifahrer der Versuchung, sich die eine oder andere Mark dazu zu verdienen nicht widerstehen und fahren trotzdem mit dem Auto hinein. Als ich mich demonstrativ breit mache, um das Taxi nicht durchzulassen, werde ich aggressiv angehupt und das Auto kommt meinen Haxen so nahe, dass ich Angst um meine Unterschenkel bekomme. Kurz darauf ist der Weg leider so breit, dass das Taxi an uns vorbei fährt.
Immerhin gibt es kurz darauf einen Stempel des Treks in unseren Reisepass.

Nach knapp 3 Stunden kommen wir bereits an unserer Unterkunft an. Eine einfache Blockhütte, jedoch mit Glasdach, sodass wir hoffentlich heute Nacht ein paar Sterne beobachten können.
Diese 3 Stunden waren zwar kurz, aber durchaus trotzdem anstrengend. Zum einen sind wir das wandern mit dem schweren Gepäck nicht mehr ganz so gewöhnt, zum anderen befinden wir uns mittlerweile bereits auf 3800 Metern, was deutlich zu spüren ist. Jeder Schritt ist hier doppelt so anstrengend wie normalerweise.
Wir laden unsere Rucksäcke ab und machen erstmal eine Mittagspause.
Nach der Erholung und einem kleinen Snack, machen wir uns erneut auf den Weg. Wir möchten noch zur Laguna Humantay Turquesa. Dorthin sind es nur 2,2 Kilometer, doch mit 350 Höhenmetern haben die es trotzdem in sich. Ohne Gepäck geht es aber schon deutlich einfacher als vorher voran.
Schon bevor man oben ankommt, ahnt man was einen erwartet. Mit einer riesigen Wand aus Eis baut sich der Berg vor einem auf.

Dann klettern wir die letzten Meter bis zur Lagune und werden belohnt: in wunderschönem Türkis liegt die Lagune vor dem Humantay.

Abends gibt es in der Unterkunft Abendessen für uns und eine riesige Gruppe Franzosen. Zu unserer Überraschung gibt es zu den Nudeln Tomatensauce mit Soya Fleisch. Dass es in Südamerika etwas wie veganen Fleischersatz gibt, war uns bislang unbekannt.
Der nächste Morgen beginnt wieder früh: um 6 Uhr gibt es Frühstück, von dem wir zunächst wenig haben, da sich die Franzosen, sobald wir den Raum betreten, alles was übrig ist in die Taschen stopfen und verschwinden. Die Gastgeberin ist zum Glück so nett uns neue Brote zu machen.
Dann beginnen wir die zweite Etappe:
Diese kann man entweder an einem Stück machen oder zweiteilen. Das sollen dann entweder um die 13 oder ca 22 Kilometer sein. In Anbetracht der Tatsache, dass es von Beginn an steil in Richtung Pass bergauf gehen soll, sind wir uns einig die Etappe eher zu splitten.
Und die Vorhersagen stimmen, es geht tatsächlich direkt steil bergauf. Nach nicht mal einer Stunde sind wir schon weit über dem Camp. Nur in der Ferne ist es noch zu erahnen.

Ein kurzes Flachstück, auf dem man dem einen oder anderen Alpaka guten Morgen sagen kann, gibt kurz Zeit zum Luft holen.

Danach geht es in Serpentinen wieder steil bergauf. Dass der Weg mittlerweile ein steiniger Schotterweg ist, macht es nicht leichter.

Zudem wird es quasi minütlich heißer. Obwohl es noch so früh ist und wir von der Mittagshitze noch weit entfernt sind, hat die Sonne in dieser Höhe einfach eine enorme Kraft.
Wir kämpfen uns immer höher, das ist so anstrengend, dass wir immer öfter Pausen einlegen müssen. Doch dafür werden wir mit tollen Blicken über die trockenen Berge belohnt.

Kurz vor dem Pass nochmal ein Flachstück und eine Lagune, in der man am liebsten Baden möchte, dann folgt der letzte steile Anstieg.

Fast oben angekommen, bleibt einem fast endgültig die Luft weg. Doch atemberaubend ist auch der Ausblick: der mit Gletscher bedeckte Salkantay, der direkt an die schroffen Felsformationen ringsum anschließt. Wie zwei Welten, die direkt aufeinander treffen.
Wir genießen einige Zeit den Blick, dann ist es Zeit weiter zu gehen. Außer uns hat sich bis hier hin übrigens nur ein weiterer Wanderer und eine Gruppe Senioren, deren Gepäck auf Maultieren irgendwann an uns vorbei getragen wurde, verirrt.
Wenn zwar auch ohne schwere Rucksäcke, ist es trotzdem beeindruckend die Strecke in diesem Alter noch zu meistern.
Vom Pass aus geht es steil hinab ins Tal. Auf dem äußerst rutschigen Gemisch aus Schotter und Steinen muss man tierisch aufpassen nicht auszurutschen, sonst geht es schneller bergab als einem lieb ist.

Wir schaffen es jedoch ganz gut und kommen unserem Ziel immer näher. Langsam sind wir mit den Kräften auch wirklich am Ende und fiebern einer heissen Dusche entgegen. Angekommen im Zielort merken wir, dass es anscheinend nur ein Hotel gibt. Doch nicht schlimm, denn genau dieses wollten wir sowieso ansteuern. Es duftet bereits nach köstlichem Essen und sieht aus, als würde es mit einem sehr gemütlichem Zimmer auf uns warten. Doch zu früh gefreut. Der Portier teilt uns mit, das Hotel sei heute „privado“. Vermutlich nur für Gäste, die in Begleitung eines Guides einchecken. Wir sehen noch wie die Rentnergruppe fröhlich einkehrt.
Das ist also die Belohnung dafür, dass man sein Gepäck selber trägt. Zu diesem Zeitpunkt, misst die Strecke bereits 16,5 Kilometer mit ca 800 Höhenmetern, hinauf und bergab.
Wir bekommen jedoch gesagt, weiter unten gäbe es noch ein Hotel und einen Campingplatz. Also marschieren wir los, doch weiter unten, treffen wir lediglich auf einen Kiosk. Dort kaufen wir neues Wasser, denn langsam ahnen wir, dass die Wanderung noch nicht vorbei ist. Wir fragen die Besitzerin des Kiosks, wie weit es in den nächsten Ort ist. „Zwei Stunden wenn ihr schnell seid, drei wenn ihr langsam seid“.
Mit den Rucksäcken wohl eher langsam, denken wir. Mittlerweile ist es viertel nach 3, das bedeutet in 2 Stunden geht die Sonne unter. Rund 11 Kilometer sollten es bis ins Dorf sein. Es wird also ein Wettlauf gegen die Zeit. Dementsprechend zügig marschieren wir los, den Schmerzen in den Füßen und allen Gliedmaßen zum Trotz. Immer wieder knicken wir auf der steinigen Piste, die teilweise sehr steil bergab geht um.

Die Erschöpfung wird mit jedem Schritt größer, doch dann biegen wir letztendlich um die Kurve die das rettende Ufer darstellt. Wir sind an einem Hof kurz vor dem Dorf angekommen, auf dem dutzende Hostels und Lodges liegen. Doch kurz darauf Ernüchterung: die Hostels sind voll mit Gruppen und die Lodges bieten zwar ein Dach über dem Kopf, doch Betten oder zumindest eine Isomatte gibt es nicht. Nach dem Tag eine Nacht auf dem Boden zu verbringen erscheint uns wenig sinnvoll und da es noch einen Funken Tageslicht gibt, entschließen wir uns, stattdessen die restliche Strecke bis ins Dorf zu laufen.
Kaum dort angekommen, werden wir auch schon angesprochen, ob wir eine Unterkunft suchen. Wir bejahen und stellen erfreut fest, dass man uns sogar eine Lodge auf einem Hügel etwas über der Stadt anbietet.
Begeistert stimmen wir zu und lassen uns erschöpft ins Gras fallen. Exakt 30 Kilometer sind wir gelaufen, um hier hin zu kommen.
Die Unterkunft besteht aus zwei kleinen Betten, die wir zusammen schieben und einem Mülleimer. Die Scheibe eines Fensters fehlt. Aber immerhin gibt es eine Gemeinschaftsdusche mit mehr oder weniger warmem Wasser.

Nach einem Abendessen (lecker Nudeln mit Tomatensauce) fallen wir einfach nur noch ins Bett.
Wir beschließen am nächsten Tag etwas länger zu schlafen, da die nächste Etappe nun auch nicht mehr ganz so lang wird wie die letzte.
Erst gegen halb 12 laufen wir daher los.
Es geht zwar die meiste Zeit bergab, doch in der brütenden Mittagshitze ist das wandern trotzdem anstrengend.
Zwischendurch laufen wir fast direkt am Fluss entlang, der sich durch wunderschöne Gesteinsformationen schlängelt.

Nach einer Zeit wird uns klar, dass die Strecke nicht wie erhofft nur 12 Kilometer lang ist. Wir haben bereits mehr in den Beinen und das angestrebte Dorf ist noch weit entfernt. Langsam neigt sich der Tag schon wieder dem Ende entgegen. Zudem schmerzen unsere Gliedmaßen noch sehr vom Vortag, wodurch sich die Strecke immer weiter in die Länge zieht.
Doch kurz bevor wir im Dorf ankommen, entdecken wir mitten im Hang einige Lodges, die einen überragenden Ausblick über die Landschaft versprechen.
Zunächst sehen wir nur eine wenig vertrauenserweckende Hängebrücke die dorthin zu führen scheint.

Da es uns unmöglich erscheint unseren Müttern erklären zu müssen, dass wir auf diese Art und Weise zu Tode gekommen sind, schließen wir diese jedoch kategorisch aus. Zum Glück entdecken wir noch einen schmalen Pfad, der ebenfalls nach oben zu führen scheint. Dort angekommen sind die Lodges geöffnet.

Jedoch ist niemand zu entdecken und da wir uns nicht des Hausfriedensbruchs schuldig machen möchten, ziehen wir enttäuscht wieder von dannen. Wir marschieren weiter in Richtung Dorf, dort gibt es auf jeden Fall weitere Unterkünfte. Doch die Lodges gehen uns nicht aus dem Kopf, immer wieder fragen wir unterwegs Menschen ob sie etwas darüber wissen. Im Dorf treffen wir dann auf einen Motorrad Fahrer, der uns helfen kann. Er sagt, er habe die Telefonnummer des Besitzers. Da weder er noch wir Empfang haben, fragt er eine Kioskbesitzerin nach ihrem Telefon. Und tatsächlich haben wir Glück. Er handelt für uns einen guten Preis aus und sagt, wir können in einer der Lodges übernachten.
Für 20 Soles werden wir sogar das Stück wieder zurück gefahren.
Überglücklich beziehen wir also unser Quartier. Der Ausblick vom Bett aus ist kaum zu übertreffen.

Nach einem Abendessen (endlich gibt es mal Nudeln mit Tomatensauce) fallen wir gegen 9 ins Land der Träume.
Plötzlich werden wir gegen 10 Uhr wieder wach, Taschenlampen leuchten uns in die schlaftrunkenen Augen.
Eine Gruppe junger Männer steigt an unserem Fenster über die Treppe zu den weiteren Lodges weiter oben.
Wir erschrecken uns kurz und fragen uns, warum die Männer erst so spät einkehren, schließlich ist es seit 4 Stunden stockfinster.
Noch gruseliger wird es jedoch danach. Ein Mann mit Taschenlampe betritt das Grundstück, guckt in eine der anderen Lodges, dann in den Schuppen daneben. Immer wieder macht er das Licht an und aus, bleibt stehen, geht weiter. Unser Puls rast. Im völligen Nichts sind wir komplett auf uns alleine gestellt und wir wissen nicht, welche Absichten der Mann hat. Dann kommen einige der Männer wieder herunter und sprechen mit dem Mann. Es scheint sich heraus zu stellen, dass er der Besitzer des Grundstücks ist. Er geht mit den Männern nach oben. Eine gute halbe Stunde später, es ist jetzt 23:15 Uhr, kommt ein anderer Mann nach unten und sagt wir müssten ihn bezahlen. Wir sind skeptisch, doch schlussendlich haben wir keine Wahl. Eine Rechnung oder einen anderen Nachweis, dass wir bezahlt haben kann oder will er uns nicht ausstellen, zudem ist der Preis höher als eigentlich vereinbart. Wir bezahlen zähneknirschend und sind erstmal froh, dass der Spuk nun vorbei ist. Wir hoffen darauf, dass dies auch tatsächlich die Besitzer waren und wir nicht irgendwelchen Betrügern auf den Leim gegangen sind.
Am nächsten Morgen dann die positive Nachricht: die Männer vom Abend erscheinen tatsächlich um uns zum vereinbarten Frühstück abzuholen. Es scheint also alles mit einigermaßen rechten Dingen zugegangen zu sein, auch wenn wir uns immer noch sehr über die Nacht und Nebel Aktion wundern.
Das Frühstück soll jedoch den Weg in die falsche Richtung stattfinden, etwa 45 Minuten Fußmarsch pro Strecke. Daher verzichten wir dankend und kochen uns stattdessen auf der Terrasse mit herrlicher Aussicht noch einen Kaffee.

Nun geht es für uns auf die 4. Etappe.
Doch von dieser und unseren weiteren Abenteuern auf dem Salkantay Trek, erfahrt ihr ein anderes Mal mehr.
Hasta luego
CäcLaw y FriPi
Oh Melly ja wie gut da sie die Brücke ausgelassen haben…🙂
Und wie nett das ihr unterwegs auch die Alpakas grüßt,auch wenn mir beim Lesen schon die Luft wegbleibt.
Kalipe sagen die Tibetaner:
immer ruhigen Fußes.
In diesem Sinne gutes weiterwandern.🥾🦙🍄🌃
Boah das liest sich ja wie ein Roman und auch Krimi. Von der Vorstellung bekomme ich schon eine Gänsehaut. Wahnsinns Bilder und Erlebnisse, ich bin froh, dass ihr die Hängebrücke nicht genommen habt 😅. 😘
Oh Mann, Wie aufregend 🤓🤓🤓
Freue mich auf euren nächsten Artikel!
Schöne aber auch schwierige Momente … manchmal ist weniger mehr 🙂 Küsschen aufs Nüsschen, passt auf euch auf!