Wir sind hier die Außerirdischen – von Theth nach Valbona

Nein, wir sind nicht unserer Erkältung, die wir uns am Bobotov Kuk zugezogen haben, erlegen. Tatsächlich haben wir uns trotz einer Nacht mit Schüttelfrost recht schnell erholt. Lediglich die Zeit zu Schreiben fehlte in den letzten Tagen.

Wir sind also einigermaßen bei Kräften, um aus dem Durmitor Nationalpark weiter zu reisen. Das Kapitel Montenegro möchten wir nun schließen und die Weiterreise nach Albanien antreten. Gar nicht so einfach aus dem Nationalpark heraus. Zunächst fahren wir mit dem Bus nach Podgorica, der Hauptstadt Montenegros. Tatsächlich gelingt uns das auch sehr gut, sodass wir gegen 15 Uhr bereits ankommen. Bereits im Vorhinein haben wir uns erkundigt, dass es um 16 Uhr einen Bus nach Shkodra geben soll, der die einzige Verbindung nach Albanien darstellt. Es läuft wie am Schnürchen, denn auch diesen Bus gibt es tatsächlich. Das Schnürchen endet, als wir den Bus sehen: denn ist es gar kein Bus, es ist mehr ein ausgebauter Sprinter. Soweit erstmal kein Problem, doch für die Kapazitäten, die es benötigt, wenn das die einzige Verbindung in ein anderes Land ist, ist dieser Bus nicht ausgelegt. Und so kommt es wie es kommen muss: es gibt nur noch einen freien Platz.

Doch alleine weiter reisen wollen wir dann doch nicht und da es an diesem Tag keine weitere Möglichkeit gibt nach Albanien zu gelangen, bleibt uns nichts anderes übrig, als eine Nacht im „wunderschönen“ Podgorica zu verbringen. Sicherheitshalber kaufen wir am Schalter direkt Tickets für den Bus am nächsten Morgen. Tatsächlich finden wir für kleines Geld auch eine wirklich süße Unterkunft und so verbringen wir tatsächlich noch einen recht netten Abend in der Hauptstadt.

Am nächsten Morgen geht es also weiter und wir kommen gegen Mittag in Shkodra an. Wir erkunden ein wenig die Innenstadt, auch wenn auch hier wieder die Stadt nicht sonderlich sehenswert ist. Erneut haben wir jedoch Glück mit der Wahl des Appartements und genießen den Blick auf die hinter den umliegenden Bergen untergehende Sonne. Nachdem wir in Montenegro mit Niksicko ein einheimisches Bier für uns entdeckt hatten, müssen wir feststellen, dass die Albaner ein solches nicht direkt haben und greifen daher auf diese lokale Spezialität zurück:

Tags darauf sitzen wir im nächsten Mini-Bus nach Theth. Ein winziger Ort in einem Nationalpark, der jedoch nach und nach immer mehr erschlossen wird und so gibt es sogar eine asphaltierte Straße, der die Anfahrt weniger holprig macht, als wir in den meisten Erfahrungsberichten gelesen haben.

Im Dorf selbst machen wir uns als erstes auf die Suche nach einer Unterkunft. Schnell finden wir ein sehr süßes Gasthaus, geführt durch einen Familienbetrieb, mit wunderschönem Garten und eigenen Hühnern. Da uns 50€ pro Nacht aber eigentlich zu teuer sind, wollen wir uns zunächst noch im restlichen Dorf umsehen. Leider macht sich schnell Ernüchterung breit, denn anscheinend ist der Tourismus hier schon so weit angekommen, dass die Gastgeber wissen, welche Preise sie von Westeuropäern verlangen können. So entscheiden wir uns, doch zurück zu gehen und das erste Appartement zu nehmen. Doch nun ist uns jemand zuvor gekommen und das Zimmer ist weg. So bleibt uns nur das Hotel nebenan. Das Zimmer ist sehr einfach und klein für den Preis, doch reicht für uns völlig aus.

Nachmittags erkunden wir noch die direkte Umgebung des Dorfes und erkundigen uns, welche Wanderung wir von hier aus wie in Angriff nehmen.

Und so starten wir am nächsten Morgen in Richtung des Peja Passes. Zunächst laufen wir neben einer kleinen Gruppe her. Unser Gesundheitszustand ist zwar noch nicht zu 100% wiederhergestellt, doch sobald es ein kleines Stückchen steiler wird, sind wir plötzlich trotzdem sehr alleine. Wieder einmal geht es über felsige Wege immer weiter nach oben.

Dann stehen wir vor einer Felswand. Hier muss vor einiger Zeit ein großer Brocken aus der Wand gebrochen sein und für die tiefen Krater im Tal verantwortlich sein. Klettererprobt wie wir nun sind, beginnen wir, die Wand zu erklimmen.

Natürlich nur ein kleiner Scherz, ganz so todesmutig sind wir dann doch nicht und der Weg, der sich an der Wand vorbei nach oben windet ist mit über 50% Steigung zwar flacher als am Bobotov, aber immer noch steil genug.

Irgendwann erreichen wir den Pass und stellen erstaunt fest, dass dieser deutlich weitläufiger ist, als gedacht. Ein Stück weiter bietet sich uns ein Blick ins gegenüberliegende Tal. Wir erklimmen noch einen kleinen etwas höher liegenden Hügel und haben einen tollen Blick in alle Richtungen.

In einer dieser Richtungen entdecken wir einen Gipfel, der erst über ein Geröllfeld und dann über einen schmalen Grat erreichbar scheint. Uns hat das Gipfelfieber gepackt und wir ziehen ernsthaft in Betracht, den Aufstieg zu versuchen. Letztendlich siegt aber die Vernunft. Wir wissen zwar, dass es sich um den Maja e Harapit handelt, den höchsten Berg des Tals, der dieses auf der Seite zu Theth begrenzt, jedoch haben wir sonst keinerlei Informationen zum Aufstieg. So unvorbereitet drauf los zu klettern, erscheint uns dann doch zu riskant. Außerdem ist der Blick auch von unserem Spot aus durchaus schon sehenswert. Auf dem Rückweg treffen wir zufällig ein paar Wanderer, die einen kleinen Bergreiseführer dabei haben, in dem der Aufstieg beschrieben wird. Tatsächlich scheint dieser machbar gewesen zu sein, doch wir bereuen unsere Entscheidung der Vernunft trotzdem nicht.

Wieder zurück fallen wir abends müde ins Bett. Das ist auch nötig, denn am nächsten Morgen klingelt bereits um 04:30 Uhr der Wecker und das aus gutem Grund: wir wollen heute zum sogenannten Blue Eye wandern. Problem dabei: die Lagune ist nicht nur zu Fuß erreichbar, sondern auch über eine neu angelegte Straße, die bis einen Kilometer vor Ankunft führt. Um den Trubel zu vermeiden, wollen wir also da sein, bevor der erste Bus eintrifft.

Als wir den Weg nach einer gewissen Zeit gefunden haben, marschieren wir also durchs Tal immer am Fluss entlang, dem Sonnenaufgang entgegen.

Begleitet werden wir dabei von 3 Hunden, die bis zur Lagune unsere treuen Begleiter sein werden. Einen taufen wir auf den Namen Brudi, er ist der zutraulichste von allen. Während wir eine Pause einlegen und zum Sonnenaufgang einen Kaffee zubereiten, macht Brudi noch ein kleines Nickerchen, direkt zu unseren Füßen.

Der Weg führt die ganze Zeit ein kleines Stückchen bergab, was auch gut ist, denn ganz bei Kräften sind wir immer noch nicht.

Kurz bevor wir das Ziel erreichen, geht es dann aber noch mal einige hundert Höhenmeter bergauf. Wir beißen uns jedoch durch und erreichen tatsächlich als aller erstes an diesem Tag das Blue Eye.

Nachdem wir einige Minuten der Ruhe völlig alleine mit uns und den Hunden genießen konnten, treffen die nächsten Wanderer ein. Erstaunt stellen wir fest, dass diese noch weiter gehen. Wir folgen ihnen und stellen fest, dass wir tatsächlich noch gar nicht am richtigen Blue Eye waren. Ergibt auch Sinn, denn die Lagune war zwar wunderschön blau und klar, aber nicht rund wie ein Auge. Im Gegensatz zum tatsächlichen Blue Eye.

Kurze Zeit später treffen nun auch die ersten Reisegruppen ein. Zeit für uns, sich vom Acker zu machen. Leider verlieren wir in all dem Trubel die Hunde und müssen den Rückweg nun alleine zurücklegen. Aufgrund unseres Gesundheitszustand hatten wir erst überlegt, uns mit dem Auto zurück nehmen zu lassen, entscheiden uns aber dann noch für den Fußweg. Die richtige Entscheidung, denn auch im Hellen ist der Weg durchs Tal zurück ins Dorf einfach sehr schön.

Der folgende Tag ist leider ein gebrauchter. Eigentlich wollten wir bereits über den Valbona Pass wandern und von Valbona aus weiter reisen, doch anscheinend hat Cäci sich einen Sonnenstich zugezogen, weshalb an wandern nicht zu denken ist. Dafür ziehen wir um, in das Appartement, dass wir am ersten Tag nicht mehr bekommen hatten und Cäci wird von der Hausmutti umsorgt, als wäre sie ihre eigene Tochter. Reis und Tee helfen anscheinend tatsächlich und so geht es ihr am nächsten Tag bereits viel besser.

Trotzdem wird die Wanderung mit den schweren Rucksäcken über den Pass sicher nicht einfach. Doch wir gehen es langsam an und legen immer wieder Pausen ein. Hilfreich ist auch, dass wir plötzlich aus dem Nichts Brudi wieder treffen. Da er direkt auf uns zu gerannt kommt, bilden wir uns ein, dass auch er uns wieder erkennt.


Was einem hier jedoch die Stimmung etwas versaut: bis auf zwei weitere Wanderer, sind wir die einzigen die ihr Gepäck selber tragen. Mal wieder lassen alle anderen ihre Sachen von Pferden oder Maultieren über den Pass schleppen. Tiere, die keine Wahl haben und sich nicht aussuchen können, ob sie das tun möchten, werden hier gezwungen, zwanzig Kilogramm schwere Koffer zu tragen, damit irgendwelche Deppen in Flip Flops auf Instagram posten können, dass sie über den Valbona Pass „gewandert“ sind.

Passend dazu werden überall Fotos und Reels gemacht, nirgendwo findet man eine ruhige Stelle. Mit dem, was wir am wandern zu schätzen wissen, hat das hier leider wenig zu tun.

Glücklicherweise sind wir diesmal recht spät dran und so sind die meisten schon fertig mit Fotos machen, als wir den Pass erreichen und so genießen wir von oben einen weiteren überragenden Blick über die Landschaft.

Der Abstieg ist vergleichsweise leicht und so erreichen wir noch vor Anbruch der Dämmerung Valbona. Das Dorf ist jedoch ganz anders, als wir es uns vorgestellt haben. Keine Spur eines süßen Bergdorfs. „Wir sind hier die Außerirdischen“ stellt Cäci sehr treffend fest, denn außer uns sieht niemand aus wie ein Wanderwe. Stattdessen liegt direkt am Ortseingang ein riesengroßer Hotelbunker und überall laufen klischeehafte Albaner rum, wie man sie sonst nur von den Kölner Ringen kennt. Ein bis zwei Kilometer weiter und etwas abseits der einzigen Straße befinden sich einige Gasthäuser. Alle, die wir ansteuern sind jedoch belegt. In einem bietet man uns an, auf einer unfertigen Baustelle nebenan zu übernachten. 50€ möchte man uns dafür abknüpfen, wie man uns auf italienisch verklickert. Wir lehnen dankend ab. Ein weiteres Gasthaus hat zwar auch kein Zimmer für uns, ist jedoch deutlich gewillter uns zu helfen. Man bietet uns an, im Garten zu zelten und gegen die kalten Temperaturen nachts mit Decken auszuhelfen.

Zudem bekommt eine Frau, die im dazu gehörenden Restaurant isst, unser Schicksal mit und bietet uns an, das dritte Bett im Drei-Bett-Zimmer mit ihrer Schwester zu beziehen. Wir sind unendlich dankbar für die Optionen, doch wollen eigentlich niemandem zur Last fallen und so ziehen wir erstmal weiter. Tatsächlich finden wir ganz am Ende des Ortes noch ein Gasthaus, das ein Zimmer frei hat. Wie sich herausstellt, handelt es sich dabei sogar um jenes, welches wir vor Cäcis Krankheitstag ursprünglich für den Vortag gebucht und dann storniert hatten.

Nun brauchen wir nur noch etwas zu essen. Doch auch das stellt uns wieder vor Herausforderungen: durch den extra Tag und die damit verbundenen Mehrkosten haben wir kaum noch Bargeld bei uns und das was wir haben, brauchen wir für die Weiterreise. Leider ist Kartenzahlung oder Paypal hier für die Gastronomen ein Fremdwort. Jedoch bekommt mal wieder jemand unser Unglück mit. Ein älterer Herr besteht trotz erheblichem Widerspruch unsererseits darauf, uns zum Essen einzuladen. Peinlich berührt, doch sehr dankbar, bestellen wir uns daher jeder eine kleine Suppe und einen Salat. Erfreut über so viel Nettigkeit, wie wir heute erfahren haben, gehen wir schlafen.

Am nächsten Tag soll es für uns mal wieder einen vollgepackten Reisetag geben. Zunächst geht es mit dem Bus von Valbona zum Komani See. Die zuvor gebuchten Tickets, auch diese eigentlich für den Vortag, haben glücklicherweise nach Rücksprache über WhatsApp auch heute noch Gültigkeit. Mit der Fähre überqueren wir dann den Komani See, der mehr wie ein Fluss aussieht, jedoch tatsächlich ein ewig langer Stausee ist.

Am anderen Ende angekommen, steigen wir erneut in einen Bus, der uns nach Tiranan bringen soll. Auf halber Strecke signalisiert man uns auszusteigen. Statt mit dem Bus geht es nun zu viert in einem winzigen Polo weiter Richtung Stadt. Gesteuert von einem alten Albaner, der natürlich während der Fahrt raucht und bei dem wir uns nicht sicher sind, ob sein Seevermögen noch zum Autofahren taugt. Nach Ewigkeiten im Stau kommen wir tatsächlich relativ spät abends in der Stadt an.

Mal wieder müssen wir uns irgendwo ein freies Wifi-Netz suchen und nach einer Unterkunft schauen. Auch das gelingt uns jedoch uns so sind wir erstmal in Albaniens Hauptstadt angekommen.

Wie es von hier aus weiter geht, erfahrt ihr dann beim nächsten Mal.

Bis bald.

CäcLaw & FriPi

Ein Kommentar

  1. Mit zwei blauen Augen,einem tollen Brudi und vielen Erfahrungen seid ihr reich-lich unterwegs, und nehmt uns mit,-Ganz herzlichen Dank ❤️
    Mamfri

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